Erlebbare
Psychologie

Die sechs Grundgefühle

Grundgefühle Erlebbare Psychologie

«Die Kunst des Fühlens ist, Fühlen in sich zu empfinden, Denken in sich zu hören und beides voneinander zu unterscheiden.»

Sechs Grundgefühle Erlebbare Psychologie

Dieses sind die sechs Grundgefühle, aus denen sich das eine Gefühl in uns in jedem Augenblick mischt:

Angst (Aussenring), Wut, Freude, Leid, Traurigsein¹, Liebe

Die Grundgefühle sind in der Stille des Denkens fühlbar. Es sind reine Gefühle, sie haben keinen Anteil im Denken. Im Gegensatz hierzu sind Gemütsausdrücke wie z. B. Begeisterung, Dankbarkeit, Eifersucht, Ekel, Groll, Interesse, Lust, Neid, Scham, Stolz, Trauer und Zweifel Mischungen aus einer speziellen Gefühlsfärbung und einem gedanklichen Konstrukt. Ekel, Lust und Scham sind zudem noch mit einem speziellen Körperempfinden verbunden.

Es ist eine Kunst des menschlichen Bewusstseins, zwischen Sinneseindrücken, Körperempfinden, Fühlen, Denken, Wollen und Spüren zu unterscheiden, siehe Beschreibung des Erlebens.

Reine Gefühle

Dieses sind die reinen Gefühle, in Worte gefasst. Fühlen ist innerlich ohne Worte, nur das Denken spricht. (Immer, wenn Du einen Satz oder ein Wort in dir hörst, ist dieses ein Denken. Dein Fühlen ist gleichzeitig.)

Angst – ich fühle Angst, ich bin voller Angst

Wut – ich bin wütend, ich bin voller Wut

Freude – ich bin froh, ich bin voller Freude, meine Stimmung ist hoch

Leid – ich fühle Leid in mir, ich leide, ich bin bedrückt, meine Stimmung ist tief

Traurigsein – ich bin traurig, ich bin voller Traurigkeit

Liebe – ich fühle Liebe in mir, ich bin voller Liebe, ich liebe (das Leben)

Vier benannte Mischungen

Zorn – ich bin zornig, ich bin voller Zorn, die Mischung von Wut und Leid

Kummer – ich habe Kummer, ich bin voller Kummer, die Mischung von Traurigkeit und Leid

Glück – ich bin glücklich, ich fühle Glück in mir, die Mischung von Freude und Liebe

Mut – ich habe Mut, ich empfinde Mut in mir, die Mischung von Wut, etwas Freude und Liebe. (Dehe den Buchstaben ‹W› und stelle ihn auf seine Füsse.)

Gewichtung der Grundgefühle

In jedem Augenblick ist das Gefühl in uns eine Mischung aus den sechs Grundgefühlen in immer wieder neuer Gewichtung. Jedes Grundgefühl kann das momentane Gefühl verschieden stark färben:

«Ich empfinde eine leichte Angst, ich habe etwas Angst, ich habe Angst, ich bin voller Angst. Ich empfinde eine leichte Wut, ich bin ein wenig wütend, ich bin wütend, ich bin voller Wut. Ich bin etwas traurig, ich bin traurig, ich bin voller Traurigkeit. Ich empfinde Liebe in alledem, ich fühle Liebe in mir, ich bin von Liebe erfüllt.»

Auch das Gefühl der Freude kann sich von Moment zu Moment mehr oder weniger in das eine Gesamtgefühl mischen:

«Wie geht es dir?» «So la, la. Mittel. Normal. Etwas froh. Meine Stimmung ist leicht erhöht. Ich fühle etwas Freude in mir. Ich habe Freude in mir. Meine Stimmung ist gut. Meine Stimmung ist sehr gut, sie ist hoch. Ich bin voller Freude. Meine Stimmung ist etwas gedämpft. Mir geht es nicht so gut. Ich bin etwas bedrückt. Meine Stimmung ist tief. Mir geht es nicht gut. Ich fühle keine Freude in mir.»

Die eigene Stimmung ist der Anteil der Freude im augenblicklichen eigenen Gefühlsgemisch. Ist der Anteil der Freude hoch, ist die Stimmung ‹hoch›. Ist der Anteil der Freude im Gefühlsgemisch tief, ist die Stimmung ‹tief›. Dazwischen ist die Stimmung ‹etwas erhöht›, ‹etwas gesenkt›, ‹mittel›. Die Smileys sind Symbole für die möglichen Stimmungslagen, da sich die Mundwinkel mit dem Aufkommen von Freude heben und mit dem Vergehen der Freude senken. Zudem sind unsere Augen in Freude zumeist weiter geöffnet:

Smileys Copyright Adobe Stock

Die tiefe Stimmung ist ein eigenes Gefühl, denn das Fühlen von tiefer Stimmung kann ebenso ‹stark› sein, wie das Fühlen von Freude, Wut, Traurigsein und Angst. Die tiefe Stimmung ist gesellschaftlich verbannt – kollektiv wird allerorts die Freude gezeigt und erwünscht. So haben wir kein Nomen entwickelt für das Gefühl der tiefen Stimmung, die ein Gegenpol zur Freude ist. Das naheliegende Wort für diesen Gefühlsausdruck ist Leid. Es ist ein eigenes Grundgefühl, denn in der alleinigen Abwesenheit von Freude könnte Leid nicht als ‹stark› gefühlt werden. «Ich fühle Leid²» ist ein elementares tägliches Erleben von sehr vielen Menschen.

Das EINE Gefühl des Augenblicks mischt sich immer wieder neu aus den sechs Grundgefühlen.

«Ich habe Kummer» ist ein reines Fühlen und eine Mischung aus Traurigsein und Leid. «Tränen vor Glück» ist die Mischung aus Freude, Liebe und Traurigsein. ‹Glück› ist die Mischung aus Freude und Liebe. (Freude ist auch ohne Liebe fühlbar; in der Schadenfreude ist die Stimmung hoch und der Anteil der Liebe im Gefühlsgemisch gering.) Liebe ist auch in mittlerer und auch in tiefer Stimmung fühlbar. ‹Zorn› ist die Mischung aus Wut und Leid. Wut und Freude können sich ebenso mischen, hierfür haben wir kein Wort bilden können. ‹Mut› ist die Mischung aus Wut, etwas Freude und Liebe, die ‹konstruktive› Wut.

Schnörkel B

Alles bisher Genannte sind Reine Gefühle, die in der Stille des Denkens fühlbar sind. Viele andere Worte bezeichnen Mischungen aus Denken, Fühlen und Spüren:

«Ich bin achtsam, unachtsam, albern, allein, dankbar, dreist, depressiv, geduldig, bedürftig, durstig, düster, ehrlich, eifersüchtig, eifrig, eitel, empfindlich, empört, energievoll, energielos, ernst, gefasst, fasziniert, feige, leichtfertig, findig, erfinderisch, fleissig, beflügelt, erfolgreich, folgsam, gefordert, überfordert, frech, frei, befreit, unfrei, erfreut, lebensfroh, freundlich, friedvoll, friedlich, befriedigt, zufrieden, …»

‹Albern› ist eine Mischung aus Freude und das Abspielen eines im Gedächtnis gespeicherten Programms zum Thema Kindheit. ‹Eifersucht› ist eine Mischung aus Wut, tiefer Stimmung und dem Gedankenkonstrukt des Vergleichens zwischen Menschen zu eigenen Ungunsten mit dem Drang, etwas daran zu ändern. ‹Neid› ist eine Mischung aus tiefer Stimmung, etwas Traurigsein und dem Gedankenkonstrukt des Vergleichens zwischen Menschen zu eigenen Ungunsten, ohne die Tatkraft, etwas daran zu ändern. ‹Erfreut› ist die Mischung aus Freude und die mentale Verarbeitung von etwas überraschend Neuem, Unerwarteten. ‹Lebensfroh› ist eine Mischung aus Freude und Liebe und eine gedankliche Betrachtung all der schönen und guten Umstände. ‹Friedlich› ist eine Mischung aus Liebe in mittlerer Stimmung und dem bewussten Zurücknehmen der eigenen Aktivität. ‹Friedvoll› ist die Mischung aus Liebe in erhöhter Stimmung und ein reines Fühlen, da Frieden ein Ausdruck und Aspekt der Kraft der Liebe ist.

Das Wort ‹Liebe› benennt zweierlei zugleich: Ein möglicher Gefühlsausdruck im eigenen Innern und ein magisches Band zwischen zwei Menschen im Besonderen. Die innerlich fühlbare Liebe ist auch ohne Partnerschaft erlebbar.

‹Trauer› ist eine Mischung aus Traurigsein in tiefer Stimmung und dem Gedankenkonstrukt, etwas unwiederbringlich verloren zu haben.

Umgangssprachlich verwenden wir das Wort ‹Fühlen› auch für Körperempfindungen, mentale Bewertungen und gespürte Eindrücke:

«Ich fühle mich hintergangen, mich betrogen, alt, jung, besser, wie neu geboren, geborgen, nicht verstanden, ausgeschlossen, beengt, bedroht, krank, schuldig, verantwortlich, verpflichtet, zuständig, fremd hier. Ich fühle eine Distanz zu dir, ein Unheil in der Luft liegen, einen Schmerz im linken Knie, die Wärme der Sonne, dein weites Herz, Dankbarkeit für dein Kommen, mich wohl in meiner Haut, mich als Europäer, mich hier wohl, eine tiefe Zuneigung zu dir, deine Wut, das Ende kommen, mich einsam, mich gut, mich schlecht, mich geehrt, hässlich, schön, ich fühle mit dir, nichts mehr.»

‹Lust› ist vor allem ein Körperempfinden, eine aktive Energie im Becken oder ein körperliches Bedürfnis nach Nahrung.

«Ich fühle deine Wut» ist ein Spüren, denn die Wut ist im anderen und nicht im Wahrnehmenden. «Ich spüre deine Wut», denn es ist möglich, die Wut eines Nächsten zu spüren und innerlich zugleich kaum selbst Wut in sich zu empfinden.

Schnörkel B

Alle Grundgefühle mischen sich in jedem Augenblick lebendig neu zum EINEN Gefühl des Moments. Immer ist es ein Gemisch aus Angst, Wut, Freude, Leid, Traurigsein und Liebe in immer wieder neuer Gewichtung. Die Skala einer jeden Grundgefühlsstärke hat unzählige Stufen zwischen ‹gar nicht› bis ‹voll›.

Nicht immer sind wir uns unseres Fühlens bewusst. Viele Gefühlsausdrücke sind gesellschaftlich negativ geprägt und im sozialen Miteinander mental als unerwünscht belegt. So wird Wut zumeist als ‹negative Emotion› bezeichnet und viele sagen: «Ich habe keine Angst». Dabei ist Wut und Angst bei fast allen Menschen in kleinen oder auch grösseren Mengen im augenblicklichen Gefühlsgemisch zu finden und für feinsinnige Menschen auch zu spüren.

Schnörkel C

1: Die Nachsilbe ‹heit› bezeichnet konzepthaft eine Ganzheit, während die Nachsilbe ‹sein› dem Erleben näher ist. Vergleiche auch: «Ich habe eine Krankheit» und «Mein Kranksein hat mich ganz schön geschafft».

2: «Ich fühle Leid» ist ein anders Erleben als: «Ich leide». Leiden ist ein Verb, aktiver, ein Sich-Hineingeben und aktives Verstärken des Zustandes der tiefen Stimmung. Leid zu fühlen findet zumeist im höheren Bewusstsein des Zustandes der tiefen Stimmung statt. Auch im Fühlen von Leid kann Liebe (in mir selbst) empfunden werden.

Links zum Weiterstudieren:

Gemischte Gefühle : www.fuehlen.org/Mischungen-aus-den-Grundgefuehlen/

Worte : www.worte.jetzt

Die 1000 Worte des Erlebens : www.diewortedeserlebens.de/

Fühlen : www.fuehlen.org

Schnörkel A

Geschrieben am 20.10.2022, ergänzt am 2.4.2024

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